Krieg und Frieden

Ich hasse Krieg. Ich will in Frieden leben. Die Kriegsverherrlichung, die z. B.  Nietzsche betreibt, finde ich zum Kotzen. [1]

Dass ich in Frieden leben will, heißt aber nicht automatisch, dass mich andere auch in Frieden leben lassen! Pazifismus ist nicht immer durchzuhalten, bzw. kann selbstmörderisch sein oder in unterlassene Hilfeleistung ausarten.

»Aber wenn wir nicht mehr wollen: dann gibt es nie wieder Krieg!« so wird Tucholsky gerne von den Pazifisten zitiert. Aber »wir« müsste für alle Menschen gelten. Wenn 99,9% aller Menschen nie wieder Krieg wollen, reicht das leider nicht. 0,1% der Menschen sind sieben Millionen. Und wenn die Krieg wollen, dann werden die übrigen 99,9% sich entweder verteidigen, also Krieg führen, oder sie werden sich unterwerfen müssen.

Mit den Nazis konnte man nicht in Frieden leben. Das ist doch fast jedem Nicht-Nazi klar. Die Deutschen, die keine Nazis waren, hätten diese mit einem Bürgerkrieg von der Macht fernhalten müssen. Das wäre besser gewesen als der 2. Weltkrieg. Als die Nazis einmal an der Macht waren, hätten die Nachbarländer sofort militärisch gegen Nazi-Deutschland vorgehen müssen. Das wäre besser gewesen als der 2. Weltkrieg.

Mit den Stalinisten konnte man nicht in Frieden leben. Hätte der Westen keine Verteidigungsanstrengungen unternommen, hätte Stalin ganz Europa sein despotisches (und wirtschaftlich ineffektives) System aufgezwungen.

Aber auch heute gibt es ähnliches. Mit den religiös-fanatischen Taliban und IS kann man nicht in Frieden leben. Man hat nur zwei Möglichkeiten: sich ihren mittelalterlichen Vorstellungen unterwerfen oder gegen sie kämpfen. Raus aus Afghanistan? Und die 90% der Afghanen, die nicht unter Taliban-Herrschaft leben wollen, lassen wir einfach im Stich? Und gleichzeitig von »Internationaler Solidarität« faseln? Ob Lafontaine es nun begreift oder nicht: Unsere Freiheit wird auch am Hindukusch verteidigt.

Allen Menschen, die in freiheitlichen und neuzeitlichen Verhältnissen leben wollen, haben die Islamisten den Krieg erklärt. Ob es uns nun passt oder nicht. Den Kopf in den Sand stecken ändert daran gar nichts. Die Islamisten können, wenn wir nicht aufpassen, wenn wir uns nicht rechtzeitig wehren, im 21. Jahrhundert das werden, was im 20. Jahrhundert die Kommunisten und die Faschisten waren. [2]

Es gibt Situationen, da muss man kämpfen oder man ist tot. Noch genauer: Auch Menschen, die Krieg und Gewalt hassen, müssen darauf vorbereitet sein, kämpfen zu müssen. Es muss immer einen bestimmten Prozentsatz von Menschen geben, die zum Kämpfen ausgebildet und vorbereitet sind. Das gilt für die Gesamtgesellschaft und das gilt für Teilgesellschaften. Hätten die norwegischen Jungsozialisten am 22. Juli 2011 auf der Insel Utöya einen dezentralen bewaffneten Lagerschutz gehabt, hätte der faschistische Psychopath schlimmstenfalls 10% der Menschen umbringen können, die er umgebracht hat. Dann wäre er selbst dran gewesen. Es ist nicht immer schön, Recht zu behalten. Ich bin politisch links, aber ich war nie Pazifist.

Wenn ein Volk bzw. große Teile eines Volkes darum kämpfen, ihren Despoten loszuwerden (z. B. Libyen, Syrien),  freie Institutionen zu erringen, dann haben die freien Völker die ethische Pflicht, diesen Menschen zu Hilfe zu kommen. Alles andere ist Inkonsequenz oder Feigheit. Mag sie auch noch zu pazifistisch verpackt sein. Der amerikanische Präsident Obama ist ein schlechtes Beispiel dafür, dass jemand vom Frieden träumt und dadurch den Krieg fördert. 2011 hätte man das Assad-Regime in einer Woche wegbomben können. Vielleicht 1000 Tote. Hat man nicht gemacht. Inzwischen (Sommer 2015) sind 250.000 tot, 10 Millionen auf der Flucht und der IS ist entstanden.

Unsere Ahnen haben für Kaiser und Führer, für schlechte Sachen tapfer gekämpft. Viele von uns heute sind unfähig oder unwillig für gute Sachen zu kämpfen oder auch nur andere, die für gute Sachen kämpfen, zu unterstützen. Pazifismus wird ins Absurde, ins Verbrecherische überspitzt. Hinter den humanistischen Vorwänden verbergen sich oft einfach nur Bequemlichkeit und Feigheit. Und Dummheit.

So wie es die großen Despoten gibt, so gibt es auch die kleinen, mit denen man im täglichen Leben, auf der Arbeit, in der Nachbarschaft, im Bekanntenkreis etc. pp. zu tun hat. Auch diesen kann man häufig nicht ausweichen. Da gibt es dann keinen Pazifismus, da gibt es nur Kampf oder Unterwerfung. In solchen Fällen wähle ich den Kampf, auch wenn es mir viel lieber wäre in Frieden zu leben. Es gibt aber nun mal leider Arschlöcher, die einen nicht in Frieden leben lassen.


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Anmerkungen

Anm. 1: Schon Heraklit sagte ungefähr »Der Krieg ist der Vater aller Dinge.« Nun kann man bei ihm davon ausgehen, dass er dies zumindest auch metaphorisch gemeint hat. Nietzsche hat es nicht methaphorisch gemeint, wenn er den Krieg verherrlicht hat. Besonders aber hat er nicht begriffen, dass sich die Menschheit in zweieinhalb Jahrtausenden kulturell und ethisch weiterentwickelt hat. Zurück zum Text

Anm. 2: Sehen Sie hierzu bitte meinen Aufsatz Gegen den religiösen FanatismusZurück zum Text


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