Antonio Gramsci

Antonio Gramsci (1891–1937) war ein italienischer Philosoph und Marxist, der gegenüber dem traditionellen Marxismus  Überbauelementen eine größere Rolle bei der Stabilität und Veränderung der Gesellschaft gab. Ein Schlüsselwort bei ihm ist die »Hegemonie«. Die Herrschenden seien nicht nur wegen ihrer ökonomischen Macht, sondern auch wegen ihrer kulturellen Hegemonie herrschend. Der Staat sei Machtausübung und Machterhaltung durch Kirche, Erziehungswesen, Medien etc. Das Proletariat müsse schon im Kapitalismus seine kulturelle Hegemonie vorbereitet. Dafür seien Intellektuelle nötig, denen Gramsci eine größere Rolle zumaß, als das Marxisten in der Regel machen. Die im traditionellen Marxismus behaupteten Gesetzmäßigkeiten der gesellschaftlichen Entwicklung haben für Gramsci lediglich einen Tendenzcharakter, der andere Entwicklungen möglich mache.


Zitate Gramscis

»Alle Menschen sind Intellektuelle, […] aber nicht alle Menschen haben in der Gesellschaft die Funktion von Intellektuellen.«

»Wie jeder Mensch Philosoph ist, so ist jeder Mensch Wissenschaftler usw.«

»Die Vorherrschaft einer sozialen Gruppe zeigt sich auf zwei Arten, als Beherrschung und als intellektuelle sowie moralische Führung. Eine soziale Gruppe ist dominant, wenn sie die gegnerischen Gruppen unterwirft und die verbündeten Gruppen anführt. Eine soziale Gruppe kann, ja muss sogar vor der Machtübernahme die Führung übernommen haben; wenn sie dann an der Macht ist […] wird sie dominant, aber sie muss weiterhin führend bleiben.«

»Im Osten war der Staat alles, die Zivilgesellschaft war in ihren Anfängen und gallertenhaft; im Westen bestand zwischen Staat und Zivilgesellschaft ein richtiges Verhältnis, und beim Wanken des Staates gewahrte man sogleich eine robuste Struktur der Zivilgesellschaft. Der Staat war nur ein vorgeschobener Schützengraben, hinter welchem sich eine robuste Kette von Festungen und Kasematten befand [...].« [Genau das kann über die untergegangenen östlichen real-sozialistischen Staaten schreiben! Der real-sozialistische Staat war eben mehr eine Fortsetzung des östlichen Despotismus als ein Produkt des Marxismus.]

»Kultur ist Disziplinierung des eigenen inneren Ichs, Inbesitznahme der eigenen Persönlichkeit und die Erlangung eines höheren Bewusstseins, mit dem man dazu kommt, den eigenen historischen Wert zu verstehen, die eigene Funktion im Leben, die eigenen Rechte und Pflichten.« [Jeder Mensch ist in einem gewissen Umfang Kulturwesen. Aber dem Naturwesen muss Rechnung getragen werden. Was gegen die Natur ist, wird auch die Kultur nicht in einem Menschen verankern können.]


Kritik an Gramsci

Gramsci hatte das für Linke übliche zu optimistisches Menschenbild, was sich u. a. darin ausdrückte, dass er glaubte, alle Menschen seien Intellektuelle, was mit den Realitäten nun mal gar nichts tun hat. Viele nichtintellektuelle Menschen wären mit einer anderen Sozialisation Intellektuelle geworden. Aber nicht alle. Bei vielen lässt es die individuelle Natur nicht zu. Er hat gegenüber den orthodoxen Sowjetmarxisten ein Tick mehr Realismus, weil er sieht, dass wirtschaftliche Macht allein nicht reicht. Aber er hat nicht erkannt, dass der Kapitalismus das Wirschaftssystem ist, das am Besten zur menschlichen Natur passt.


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