Gesellschaft


Kurzbeschreibung von Gesellschaft

Gesellschaft bedeutet in der Philosophie und den Sozialwissenschaften eine Gruppe von Individuen, die nach gewissen (oft geschichtlich gewachsenen) Regeln zusammenleben und durch gemeinsame (oft geschichtlich gewachsenen) Merkmale – z. B. Sprache, Rechtsauffassungen – und Interessen – z. B. gemeinsame Produktion der Lebensmittel – verbunden sind. Bei einigen Philosophen ist Gesellschaft nur die Gesamtheit der Beziehungen der Individuen zueinander, nicht die Individuen selbst.

Die Soziologie ist die Wissenschaft von der Gesellschaft der Menschen.

Die Gesellschaftswissenschaften beschäftigen sich mit verschiedenen Bereichen der Gesellschaft oder aus der Gesellschaft hervorgegengene Bereiche.

Gesellschaftsphilosophie bezeichnet einerseits philosophische Systeme, in denen die menschliche Gesellschaft eine herausragende Bedeutung hat, als auch den Versuch, grundsätzliches über die Gesellschaft zu erkennen.

Der bedeutende deutsche Soziologe Ferdinand Tönnies unterschied zwischen Gesellschaft und Gemeinschaft. Gemeinschaft sei ein natürlich gewachsenes auf Gefühlen beruhendes Zusammenleben, z. B. eine Familie. Darüber gebe es eine lose Verknüpfung von Individuen, die Gesellschaft, derer sich die Einzelnen gemäß ihren Interessen bedienten, z. B. die Bevölkerung der Stadt Berlin.

In der Systemtheorie des bedeutenden deutsche Soziologen Niklas Luhmann ist Gesellschaft das umfassendste soziale System, das keine soziale Umwelt mehr hat, weil es alle sozialen Systeme, Verhältnisse und Tatbestände beinhaltet. Gesellschaft ist für Luhmann alles, was durch Kommunikation füreinander erreichbar ist.

Zwischen den Einzelnen und der Gesellschaft gibt es eine gegenseitige Abhängigkeit und Beeinflussung. Der Zustand der Gesellschaft ist u. a. abhängig von der Konstitution und dem Verhalten der einzelnen Mitglieder. Der Zustand der Gesellschaft wirkt aber wiederum auf die Einzelnen und ist eine Ursache ihres Fühlens und Verhaltens.

Die Individuen können in der Gesellschaft ihre Bedürfnisse z. B. nach Sicherheit, materiellen Wohlstand etc. besser befriedigen, denn als Einzelgänger. Dafür schränkt die Gesellschaft die Freiheit des Einzelnen ein und verlangt von ihm des Öfteren ein Verhalten bzw. Handeln, das gegen seine eigenen Interessen steht.

Die Menschen sind in der Gesellschaft nicht gleichberechtigt, Gesellschaften sind in der Regel Klassengesellschaften. In neuerer Zeit sprechen die Gesellschaftstheoretiker allerdings mehrheitlich nicht von Klassen, sondern von verschiedenen sozialen Schichten, da die Bedeutung der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Schicht und die Schichten-Durchlässigkeit heute eine andere ist, als im 19. Jahrhundert.

Die Gesellschaft bzw. ihre konkrete Beschaffenheit oder ihr Entwicklungsstand spielt in einigen philosophischen Systemen eine große Rolle, z. B. im Marxismus. Hier wird behauptet, der Mensch sei nur oder in aller erster Linie ein gesellschaftliches Wesen, das in seinem Fühlen und Verhalten, seinen Fähigkeiten und Bedürfnissen durch die bestehenden gesellschaftlichen, besonders ökonomischen Verhältnisse bestimmt wird. (Eine berühmte und kennzeichnende Aussage von Marx: »Der Mensch ist das Ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse.«)

Weitere wichtige Personen bezüglich der starke Betonung der Gesellschaft sind u. a. der bedeutende französische Soziologe Auguste Comte und Hegel, auf den Marx ursprünglich aufbaute und alle an diese Denker anknüpfenden Philosophen.

Der Gesellschaft eine alleinige oder ausschlaggebende Bedeutung für das Denken, Fühlen und Verhalten der Menschen zuzuschreiben wird auch »Soziologismus« genannt. Dessen Grundaussage: »Alles ist gesellschaftlich vermittelt.«


Eigene Gedanken zu Gesellschaft

Der Mensch ist aus Herdentieren hervorgegangen. Er war immer ein gesellschaftliches Wesen und durch die Gesellschaft geprägt. Das ändert allerdings nichts daran, dass der Mensch auch ein Naturwesen ist, auch durch seine Natur bestimmt ist. Es gibt hier kein »entweder ... oder«, sondern ein »sowohl ... als auch«. Hier gilt das Gleiche wie im philolex-Beitrag  »Staat« dargestellte.

Ob die Menschen die Gesellschaft bilden oder ob die Gesellschaft nur die Summe der Beziehungen der Menschen zueinander ist, da plädiere ich ebenfalls für ein »sowohl ... als auch«. Wie man es gerade sieht, mit welchem Ziel und welcher Absicht man ein Urteil fällt.


Zitate zu Gesellschaft

Goethe: »Die angenehmsten Gesellschaften sind die, in welchen eine heitere Ehrerbietung der Glieder gegeneinander obwaltet.«

Ernst Haeckel: »Der Mensch kann nur in gesetzmäßig geordneter Gesellschaft die wahre und volle Ausbildung des höheren Menschenwesens erlangen. Das ist aber nur möglich, wenn der natürliche Selbsterhaltungstrieb, der Egoismus, eingeschränkt und berichtigt wird durch die Rücksicht auf die Gesellschaft.«

Maurice Joly: »Die Gesellschaft ist ein Kriegszustand, der durch Gesetze geregelt ist.« [Das ist sie jedenfalls auch.]

Karl Marx: »Die Geschichte aller bisherigen Gesellschaften ist die Geschichte von Klassenkämpfen.«

Montesquieu: »Gesellschaft ist die Vereinigung der Menschen und nicht die Menschen selbst.«

Nietzsche: »Jede Gesellschaft hat die Tendenz, ihre Gegner bis zur Karikatur herunterzubringen und gleichsam auszuhungern, – zum Mindesten in ihrer Vorstellung.«

Novalis: »Die Gesellschaft ist nichts als gemeinschaftliches Leben: eine unteilbare, denkende und fühlende Person. Jeder Mensch ist eine kleine Gesellschaft.«

Pierre Joseph Proudhon: »Die höchste Vollkommenheit der Gesellschaft findet sich in der Vereinigung von Ordnung und Anarchie.« [Unsere heutige westliche Gesellschaft hat beide Elemente.]

Friedrich Rückert: »Der Adler fliegt allein, // der Rabe scharenweise; // Gesellschaft braucht der Tor, // und Einsamkeit der Weise.« [Der Weise braucht den gesellschaftlichen Unterbau für seine Existenz. Aber er muss oft allein sein.]

George Santayana: »Gesellschaft ist wie die Luft: notwendig zum Atmen, aber nicht ausreichend, um davon zu leben.«

Friedrich von Schlegel: »Was gute Gesellschaft genannt wird, ist meistens nur ein Mosaik von geschliffenen Karikaturen.«

Schopenhauer: »Was den großen Geistern die Gesellschaft verleidet, ist die Gleichheit der Rechte bei der Ungleichheit der Fähigkeiten der anderen.« »Man kann auch die Gesellschaft einem Feuer vergleichen, an welchem der Kluge sich in gehöriger Entfernung wärmt; nicht aber hineingreift wie der Tor, der dann, nachdem er sich verbrannt hat, in die Kälte der Einsamkeit flieht und jammert, dass das Feuer brennt.«

Adam Smith: »Keine Gesellschaft kann gedeihen und glücklich sein, in der der weitaus größte Teil ihrer Mitglieder arm und elend ist.«

Herbert Spencer: »Die Gesellschaft ist früher da als das Individuum.«

Max Stirner: »Verlass dich nicht auf die Gesellschaft, sondern sieh zu, dass du habest, um die Erfüllung deiner Wünsche zu erkaufen.«

Heinrich von Treitschke: »Alle bürgerliche Gesellschaft ist Klassenordnung. – Keine Macht der Welt wird je bewirken können, dass eine neue künstliche Klassenordnung die natürliche Verschiedenheit der sozialen Gruppen aufhebt.«

Oscar Wilde: »Mit der Gesellschaft zu leben – welche Qual! Aber außerhalb der Gesellschaft zu leben – welche Katastrophe!«


Zur philolex-Startseite


Copyright © by Peter Möller, Berlin.