Wiedergeburt


Wiedergeburt

Wiedergeburt (auch Reinkarnation, Metempsychose, Palingenesia) ist eine in vielen philosophischen Systemen, Religionen und esoterischen Weltanschauungen – z. B. in vielen indischen Religionen und bei  Platon – vorhandene Auffassung, nach der ein Mensch nach seinem Tode als ein anderer Mensch oder ein anderes Lebewesen wiedergeboren wird, sein Bewusstsein bzw. sein »Ich« in einem anderen Körper fortexistiert. Diese Wiedergeburt kann je nach konkretem Glauben in einem Menschen, Tier, Engel oder eines andersartigen Lebewesen vorsichgehen.

Abgelehnt wird eine solche Vorstellung einerseits von den  Materialisten, die das Bewusstsein an den bestehenden materiellen Körper gebunden sehen und andererseits von Religionen, die an eine Fortexistenz des Menschen im Himmel glauben, z. B. den Christen und den Moslems.


Meine Auffassungen zur Wiedergeburt

Als Skeptizist glaube ich nicht an die Wiedergeburt, aber ich halte sie für möglich. Ich sehe mich nicht dazu in der Lage, diese Möglichkeit auszuschließen.

Bei dem Gedanken an die Wiedergeburt wird einem schnell Wunschdenken vorgeworfen und oft ist dieser Vorwurf berechtigt. Bei näherem Hinsehen kann sich die Wiedergeburt aber auch als Horror darstellen. Wer immer wieder auf's Neue in die Welt kommt, erlebt ja nicht nur das Positive immer wieder, sondern auch das Negative. Und das Negative hat in der bisherigen Geschichte und Naturgeschichte – soweit unsere Erkenntnisvermögen reicht – eindeutig überwogen. Es werden Menschen und andere Lebewesen totgefoltert. Wenn man ewig existiert, dann passiert einem dies gelegentlich bzw. unendlich oft. (Siehe  Nietzsches ewige Wiederkehr.) Ist es etwa eine Wunschvorstellung, totgefoltert zu werden? Dort, wo der Glaube an die Wiedergeburt ein Teil der Religion ist, z. B. in Indien, wird die Wiedergeburt häufig gar nicht als positiv angesehen. Im Gegenteil! Wiedergeburt ist immer das Ergebnis unvergoltener Taten. Das Ziel ist gerade die Kette der Wiedergeburten zu beenden, die individuelle Existenz – die uns Europäern so wichtig ist, dass wir ihr eine ewige Fortexistenz im Himmel andichten – zu überwinden und im Ganzen konturlos aufzugehen, wie ein Fluss im Ozean. Siehe: Buddhismus, Brahmanismus.


Zitate zu Wiedergeburt

Wilhelm Busch:
»Wer nicht will, wird nie zunichte,
Kehrt beständig wieder heim.
Frisch herauf zum alten Lichte
Dringt der neue Lebenskeim.
Keiner fürchte zu versinken,
Der ins tiefe Dunkel fährt.
Tausend Möglichkeiten winken
Ihm, der gerne wiederkehrt.
Dennoch seh ich dich erbeben,
Eh du in die Urne langst.
Weil dir bange vor dem Leben,
Hast du vor dem Tode Angst.«
Aber auch:
»Lass dich nicht aufs neu gelüsten.
Was geschah, es wird geschehn.
Ewig an des Lebens Küsten
Wirst du scheiternd untergehn.«
(Da zeigte sich der Einfluss Schopenhauers auf Busch.)

Friedrich der Große: »Ich fühle nun, dass es mit meinem irdischen Leben bald aus sein wird. Da ich aber überzeugt bin, dass nichts, was einmal in der Natur existiert, wieder vernichtet werden kann, so weiß ich gewiss, dass der edlere Teil von mir darum nicht aufhören wird zu leben. Zwar werde ich wohl im künftigen Leben nicht König sein, aber desto besser: ich werde doch ein tätiges Leben führen und noch dazu ein mit weniger Undank verknüpftes.«

Goethe:
»Lange habe ich mich gesträubt,
endlich gab ich nach,
wenn der alte Mensch zerstäubt,
wird der neue wach.
Denn so lang du das nicht hast,
Dieses Stirb und werde!
Bist du nur ein trüber Gast
Auf der dunklen Erde.«

Johann Peter Hebel: »Wenn ich dereinst den goldenen Becher der Mneme getrunken habe; wenn ich sie vollendet habe, so viele Wanderungen; wenn ich mein Ich gerettet habe aus so vielen Gestalten und Verhältnissen, mit ihren Freuden und Leiden vertraut, gereinigt in beiden, welche Erinnerungen, welche Genüsse, welcher Gewinn!«

Herder: »Was wir Überleben unserer selbst, also Tod nennen, ist bei bessern Seelen nur Schlummer zu neuem Erwachen, eine Abspannung des Bogens zu neuem Gebrauche. So ruhet der Acker, damit er desto reicher trage: so erstirbt der Baum im Winter, damit er im Frühling neu sprosse und treibe.«

Kant: »Hierwider könnt ihr aber eine transzendentale Hypothese auf­bieten: dass alles Leben eigentlich nur intelligibel sei, den Zeitveränderungen gar nicht unterworfen, und weder durch Geburt angefangen habe, noch durch den Tod geendigt werde.«

Lessing: »Ist es denn schon ausgemacht, dass meine Seele nur einmal Mensch ist? Ist es denn schlechterdings so ganz unsinnig, dass ich auf meinem Wege der Vervollkommnung wohl durch mehr als eine Hülle der Menschheit hindurch müsste?«

Ovid: »Die Seelen kennen keinen Tod; so oft sie ihren Sitz verlassen, nehmen neue Wohnungen sie auf.«

Pythagoras: »Die Seele ist unsterblich und wechselt den Ort, indem sie von einer Art Lebewesen in eine andere übergeht.«

Anton Tschechow: »Ja, sicher, der Tod ängstigt uns, aber der Gedanke, ewig leben zu müssen, ist viel schlimmer.«

Voltaire: »Die Lehre von der Metempsychose ist weder widersinnig noch unnütz. [...] Zweimal geboren zu werden ist nicht erstaunlicher als einmal. Auferstehung ist das ein und alles der Natur.«


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