Das Judentum


Entstehung, religiöse Auffassungen, religiöse Praxis

Das Judentum ist die Mutterreligion des Christentums und des Islams. Mich interessiert im folgenden besonders das am Judentum, was in diesen beiden Weltreligionen seine Spuren hinterlassen hat, und was das Judentum von denen in Indien entstandenen Religionen unterscheidet. (Siehe hierzu Brahman-Atman Lehre, Buddhismus und Hinduismus.)

Die Schreibweise von Personen, Orten, Texten etc. ist in der Literatur unterschiedlich.

Entstehung: Abraham, der Urvater der Juden, hat wahrscheinlich um 1800 v. u. Z. gelebt und war wohl der Führer eines jemenitischen Nomadenstammes, der irgendwo zwischen dem Mittelmeer und Mesopotamien lebte. Als Stifter der israelitischen Religion (so wird in der Literatur die Frühphase der jüdischen Religion genannt, bis ca. 5. Jahrhundert v. u. Z.) gilt Moses (deshalb auch »mosaische Religion«). Die Grundaussagen waren um 1200 v. u. Z. vorhanden. Als Begründer des eigentlichen Judentums gilt Esra. (Um 6./5. Jahrhundert v. u. Z.)

Quellen/Heilige Bücher: Die Thora (Die 5 Bücher Moses/Pentateuch, die zu großen Teilen allerdings erst in nachmosaischer Zeit entstanden sein dürften) und der Talmud (Texte von ca. 2.500 verschiedenen Personen aus der Zeit 1. Jahrhundert v. u. Z. bis 5. Jahrhundert u. Z. Lehrsätzen (Mischna) und deren Kommentare (Gemara). Die Texte sind zum Teil rein gesetzlicher Art (Halachah) und zum Teil erbaulicher Art (Agadah).

Monotheismus: Im Gegensatz zu den anderen Völkern jener Zeit, die eine ganze Götterwelt verehrten, glaubten die Juden nur an einen einzigen Gott. ( Polytheismus und Monotheismus – Die Aussage ist umstritten. Zeitweilig scheint dieser Gott eine Frau gehabt zu haben.) Um das Jahr 1800 v. u. Z. war es in Mesopotamien üblich, dass jedes Haus oder jede Familie einen eigenen Hausgott hatte. Der jüdische Gott Jahwe war möglicherweise anfänglich der Hausgott der Sippe Abrahams. (Diese Behauptung ist aber umstritten. Andere Quellen sehen in Jahwe ursprünglich einen Naturgott nichtisraelitischer Stämme.) Im Laufe der Entwicklung verschwanden alle anderen Götter und Jahwe blieb nicht nur als einziger jüdischer Gott, sondern als einziger überhaupt existierender Gott übrig.

Auserwähltes Volk:

[Der Auserwähltseinsglaube und das Sendungsbewusstsein der Christen und Moslems hat hier seine Wurzeln. Wobei ich durchaus sehe, dass in neuerer Zeit viele Christen und Moslems nicht mehr so fanatisch sind, wie es in früheren Zeiten die Regel war.]

Gottesvorstellung: Der Gott der Juden ist eine sich wissende Person mit der die menschliche Person im Gebet spricht. Der jüdische Gott ist der allmächtige und allwissende Gott, der die Welt nach seinem Willen geschaffen hat. [Der Gott des alten Testaments ist ein rachsüchtiger, zu Völkermord etc. auffordernder Gott. Nach Richard Dawkins ist er die unsympathischste Figur der Weltliteratur. So ähnlich auch Franz Buggle.]

Verhältnis Gott – Mensch: Es gibt eine klare Trennung zwischen Gott einerseits und Welt und Menschen andererseits. Gott ist der Herr und der Mensch ist der Knecht. Die edelste Aufgabe des Menschen ist, den Willen Gottes zu tun. Ein großer Frevel ist es, wenn der Mensch Gott gleich sein will.

[D. h. eine Gottesvorstellung wie in der  Brahman-Atman Lehre ist verwerflichste Sünde. In der späteren Entwicklung des Judentums hat es allerdings, wie im Christentum auch, Richtungen gegeben, die die Einheit Gottes mit der Welt und den Menschen behaupteten, bzw. die behaupteten, dass eine solche Einheit erreichbar sei. (Siehe hierzu Pantheismus.) So entwickelte sich z. B. um 1200 herum mit dem Kabbalismus, eine jüdische Mystik. (Hauptwerk: Sohar, das ist eine Erläuterung zum Pentateuch in aramäischer Sprache.) Diese Auffassungen wurde aber mehrheitlich immer abgelehnt.]

Polarität gut – böse: Durch Einfluss des persischen  Zoroastrismus entstanden um 6./5. Jahrhundert v. u. Z. auch bei den Juden die Polarität gut – böse, Gott – Teufel. Gut ist, was Gott will. Böse, also Sünde, ist, was Gott nicht will. Ein anderes Kriterium gut und böse zu unterscheiden, gibt es nicht.

[Im Gegensatz zu den Zoroastristen blieben die Juden Monotheisten. Der Gegenpol zu Gott (= gut) ist hier der Teufel (= böse), ein letztlich Gott gegenüber unmächtiger Geist. Damit begann aber das Dilemma, womit die Juden, Christen und Moslems bis heute nicht fertig wurden: Warum lässt der allmächtige und allgütige Gott das Wirken des Teufels zu? Auf philosophischem Gebiet führte dies u. a. zu den Diskussionen um die  Theodizee. Eine Antwort darauf lässt sich auf dem Boden jüdischer, christlicher und islamischer Dogmen nicht finden. Sehen Sie hierzu auch  Über die Unschlüssigkeit des christlichen Gottesbildes.]

Jenseits: Es entstand der Glaube an ein Weltgericht und die Auferstehung der Toten. Die Juden glaubten an die jenseitige Vergeltung von guten und bösen Taten.

Keine Prädestination: Der belohnende oder bestrafende Gott setzt aber die Freiheit des Menschen voraus gutes oder böses zu tun. [Wenn Gott allwissend ist, weiß er natürlich im Voraus die Entscheidung eines Menschen und da Gott allmächtig ist, könnte er auch andere Menschen schaffen. Damit befinden sich die Juden bereits in dem Dilemma, in dem sich die Christen und Moslems befinden.]

Der Geschichtsverlauf ist das Ergebnis von guten oder bösen Taten: Gehorsam oder Ungehorsam gegenüber Gottes Gebote bringen die Juden in Kausalzusammenhang mit der Volks- und Weltgeschichte. Katastrophen sind Strafen Gottes für sündiges Handeln. [Den Massenmord der Nazis an den Juden müssten diese ja dann konsequenter Weise auch als eine Strafe Gottes ansehen. Ich glaube das selbstverständlich nicht!]

Geschichte ist Heilsgeschichte: Das Judentum ist eine Heilslehre. Seit dem 6./5. Jahrhundert v. u. Z. glaubten die Juden an das Kommen des Messias, der das Reich Gottes, ein allumfassendes Friedensreich, errichten würde. Dies wurde anfänglich als ein weltlicher Vorgang angesehen, später als ein jenseitiger.

Religiöses Leben:

Im Judentum haben sich später viele verschiedene Richtungen entwickelt und es hat auch immer wieder Abspaltungen gegeben. Die Juden waren immer sowohl Religionsgemeinschaft wie Nation (umstritten), sie sind aber keine besondere Rasse. Seit ca. 2000 Jahren leben sie in aller Welt verstreut (Diaspora) und haben als Minderheit viel zu leiden gehabt. Die Nazis haben ca. 6 Mio. Juden ermordet. Gegenwärtig bekennen sich ca. 17 Mio. Menschen zum Judentum. Davon leben ca. 7,2 Mio. in den USA (2,4 Mio. in New York), ca. 3,4 Mio. in Israel und ca. 3 Mio. in der GUS (= Russland und die anderen Nachfolgestaaten der Sowjetunion). (Zahlen vom Anfang der 90er Jahre.)


Antisemitismus

Der Begriff »Semiten« ist abgeleitet von »Sem«, dem ältesten Sohn Noahs. Die Semiten bilden eine Völker- und Sprachfamilie im Nahen Osten und in Nordostafrika. Zu ihnen gehören u. a. die Juden und die Araber. Diese haben gemeinsame Ahnen. (Auch wenn das vielen von denen wohl überhaupt nicht in den Kram passt.) Als Semiten galten früher in Europa nur die Juden, die als Minderheit unter den Christen lebten. Sie wurde aus wirtschaftlichen, religiösen, politischen, nationalen u. w. Gründen häufig verfolgt, unterdrückt und als Sündenböcke benutzt. Seinen absoluten Höhepunkt fand der Antisemitismus im Massenmord an den Juden durch die Nazis.

Auf Grund der Geschichte ist es heute fast nicht mehr möglich, darauf hinzuweisen, dass es ein Judenproblem gab, ohne gleich in den Verdacht zu geraten, ein Nazi zu sein. Aber es ist nun mal so, dass es im Verhalten zumindest einiger oder vieler Juden etwas gegeben haben muss, dass viele andere Menschen gegen sie aufbrachte. Anders ist nicht zu erklären, dass viele auch intelligente, tolerante, humanistische und/oder sensible Menschen über die Juden schlimm geurteilt haben. Wenn man sagt, da sei überhaupt nichts dran gewesen, dann ist das unglaubwürdig und spielt nur denen in die Hände, die heute noch Antisemitismus vertreten. Erasmus von Rotterdam, Giordano Bruno, Voltaire, Friedrich der Große, Lichtenberg, Kant, Schopenhauer, Goethe, Herder, Fichte, Hegel, Fries, Clemens Brentano, Pestalozzi, Eduard von Hartmann und viele weitere haben nicht völlig an der Realität vorbei geurteilt. Die meisten der eben aufgezählten hatten Juden als Freunde und haben sich für die Gewissensfreiheit auch der Juden eingesetzt, haben aber andererseits über das Judentum hart geurteilt.

Heute muss man fragen: Was war genetisch bedingt, was durch die Sozialisation, was durch die Lebenssituation (als ausgegrenzte Minderheit). Wie groß war der prozentuale Anteil der reichen Juden, der Juden, die Wucherzinsen nahmen und betrogen. Man hat von vielen Einzelnen auf die ganze Gruppe geschlossen. Den Juden waren jahrhundertelang nur bestimmte Berufe erlaubt, was dazu geführt hat, dass bestimmte Fähigkeiten und Verhaltensweisen in den jüdischen Volkscharakter eingingen. Das alles rechtfertigt keinen Massenmord.

Es gab hervorragende Wissenschaftler, Philosophen und Schriftsteller, die Juden waren oder jüdischer Abstammung. Die darüber hinaus in ihren Auffassungen und ihrer Lebensweise hervorragende Menschen waren. Ich nenne nur mal exemplarisch vier (um hier keine endlose Liste aufzustellen): Einstein, Popper, Fromm, Tucholsky. Keine raffgierigen Wucherer.

So sehr ich den Antisemitismus ablehne, sowenig gefällt es mir, dass der Antisemitismusvorwurf häufig als Totschlagargument gegen Kritiker der israelischen Politik gegenüber den Palästinensern benutzt wird, oder wenn jemand auf jüdische Terrorakte im Verlaufe der Gründung des Staates Israel hinweist. Dass Deutsche Politiker und andere in der Öffentlichkeit stehende wichtige deutsche Personen sich auf grund unserer Geschichte bei der Kritik Israels zurückhalten, ist verständlich und wünschenswert. Aber es muss den Nachgeborenen möglich sein unvoreingenommen die Gegenwart und die Geschichte zu betrachten.


Wichtige Strömungen

Chassidismus: Ursprünglich eine im 13. und 14. Jahrhundert im Judentum vorhanden mystische Strömung, die später im  Kabbalismus aufging, im Unterschied zu diesem aber Gott und seine Manifestationen trennte, mehr kontemplativ als spekulativ war, eine größere Popularität besaß und stärker auf die Frömmigkeit wirkte. Später entstand unter diesem Namen eine religiös-mystische Strömung im Ost-Judentum, die heute noch in Israel und Amerika besteht und zu den konservativsten Kräften im Judentum zählt. Die Anhänger des Chassidismus vertrauen auf die absolute Gottherrlichkeit, die überall vorhanden sei. In dieser Strömung gibt es sowohl einen sozialen Zug, wie auch einen sektiererischen. Praktiziert wurde eine Abgrenzung von der Umwelt, eine Ablehnung der  Aufklärung, eine Begrenzung auf bestimmte Lehrinhalte und Berufe. Martin Buber hat an gewisse Aspekte des Chassidismus angeknüpft und viele seiner Schriften gesammelt, übersetzt und herausgegeben.

Zionismus: Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelte sich innerhalb des Judentums – besonders durch das Wirken Theodor Herzls, angeregt aber auch u. a. durch Moses Hess – eine Bewegung, die die Rückkehr der Juden »in das Land der Väter« anstrebte. (»Zion« war im Altertum eine Festung im vorisraelitischen Jerusalem, die von König David erobert wurde. Im übertragenen Sinne meint Zion die ganze Stadt Jerusalem oder das ganze Volk Israel.) Der Zionismus war ursprünglich eine stark von sozialistischem Gedankengut getragene Bewegung, in der aber von Beginn an auch nationalistische und rassistische Gedanken vorhanden waren.) Das Ergebnis dieser Bewegung war eine verstärkte Einwanderung von Juden nach Palästina und 1948 die Gründung des Staates Israel.)


Zitate zu Judentum

Friedrich Engels: »Der Antisemitismus ist das Merkzeichen einer zurückgebliebenen Kultur

Goethe: »Das israelitische Volk hat niemals viel getaugt, wie es ihm seine Anführer, Richter, Vorsteher, Propheten tausendmal vorgeworfen haben; es besitzt wenig Tugenden und die meisten Fehler anderer Völker: Aber an Selbständigkeit, Festigkeit, Tapferkeit und, wenn alles das nicht mehr gilt, an Zäheit sucht es seinesgleichen. Es ist das beharrlichste Volk der Erde. Es ist, es war, es wird sein, um den Namen Jehovah durch alle Zeiten zu verherrlichen.«

Theodor Herzls: »Die Judenfrage besteht. Es wäre töricht, sie zu leugnen. Sie ist ein verschlepptes Stück Mittelalter, mit dem die Kulturvölker auch heute beim besten Willen noch nicht fertig werden.«

Karl Jaspers: »Wir sind – als die Juden abtransportiert wurden – nicht auf die Straße gegangen, haben nicht geschrien, bis man uns auch vernichtete. Dass wir noch leben, ist unsere Schuld.«

Gotthold Ephraim Lessing: »Es hat mich oft geärgert, hat mir Tränen gnug gekostet, wenn Christen gar so sehr vergessen konnten, daß unser Herr ja selbst ein Jude war.«

Luther: »Ein solch verzweifeltes, durchböstes, durchgiftetes, durchteufeltes Ding ist's um diese Juden, [...] unsere Plage, Pestilenz und alles Unglück gewesen sind und noch sind.« »Wenn ich könnte, wo würde ich ihn niederstrecken und in meinem Zorn mit dem Schwert durchbohren. [...] dass man ihre Synagogen oder Schulen mit Feuer anstecke und was nicht brennen will, mit Erde überhäufe und beschütte, dass kein Mensch einen Stein oder Schlacken davon sehe ewiglich.«

Heinrich Mann: »Man hat noch niemals die Bedeutung eines Menschentyps in dem Grade übertrieben, wie der Antisemit seinen Juden übertreibt.«

Theodor Mommsen: »Der Antisemitismus ist die Gesinnung der Canaille. Er ist wie eine schauerliche Epidemie. Man kann ihn weder erklären noch teilen. Man muss geduldig warten, bis sich das Gift von selber austobt und seine Kraft verliert.«

Walther Rathenau: »Die Abneigung der Juden gegen die Germanen war in der Zeit der materiellen Bedrückung lebhaft, ja leidenschaftlich. Seit zwei bis drei Menschenaltern stirbt sie ab und weicht bei den jüngeren Geschlechtern einer rückhaltlosen Anerkennung der Nation, der sie den wertvollsten Teil ihrer Geistesgüter verdanken.« [Vor der Heraufkunft des Nationalsozialismus gab es unter den deutschen Juden viele Nationalisten.]

Antoine de Rivarol: »Es ist die fundamentale Idee der jüdischen Religion, dass Gott die Juden allen Völkern vorgezogen hat. Kraft dieser Idee hat Moses eine eherne Mauer zwischen seinem Volk und allen anderen Völkern errichtet. Ja mehr: Er lieferte dieses unglückliche Volk einer wahren Ächtung durch die Welt aus. Aber durch diesen Hass der Welt sicherte er ihm die Unsterblichkeit. Durch Liebe oder Gleichgültigkeit anderer Völker wären die Juden längst verschwunden.«

William Shakespeare: »Hat nicht ein Jude Augen? Hat nicht ein Jude Hände, Gliedmaßen, Werkzeuge, Sinne, Neigungen, Leidenschaften? Mit derselben Speise genährt, mit denselben Waffen verletzt, denselben Krankheiten unterworfen, mit denselben Mitteln geheilt, gewärmt und gekältet von eben dem Winter und Sommer wie ein Christ? Wenn ihr uns stecht, bluten wir nicht? Wenn ihr uns kitzelt, lachen wir nicht? Wenn er uns vergiftet, sterben wir nicht?.« [So der Jude Shylock in dem Stück Der Kaufmann von Venedig.]

Voltaire: »Das jüdische Volk wagt, einen unversöhnlichen Hass gegen alle Völker zur Schau zu tragen. Es empört sich gegen alle seine Meister, immer abergläubisch, immer gierig nach dem Gute anderer, immer barbarisch, kriechend im Unglück und frech im Glück


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