Liebe


Kurzbeschreibung des Begriffs

Liebe bedeutet für die meisten Menschen zuerst einmal das starke Hingezogensein und Hinstreben zu einer anderen Person, wobei die Erfüllung dieser Liebe mit höchsten Glücksgefühlen verbunden ist. Die aus Liebe entstandene Verbindung unterliegt keinem ökonomischen Kalkül. Die Liebe übersteigt alle anderen Interessen. Diese auf eine Person bezogene Liebe ist häufig mit sexuellen Begierden verbunden, muss aber nicht. [1]

Außer auf Personen kann sich die Liebe auch auf anderes beziehen, z. B. auf Kunst, auf ein bestimmtes Gemälde, auf eine bestimmte  Musik, auf die Natur, auf die Tiere, auf das Vaterland oder die Menschheit, die Freiheit, die Philosophie [2] etc. Die Liebe kann sich auch auf etwas beziehen, von dem es unsicher ist, ob es überhaupt existiert, auf Gott. (Mystik) Für die Menschen, die eine solche Liebe empfinden, ist diese oft das höchste Gefühl, das sie kennen und oft auch das höchste Gefühl, das sie für möglich halten.

Einige Menschen leiten aus diesem höchsten Gefühl Sicherheit ab. Liebe schaltet bei ihnen den Zweifel aus. Und spätestens hier beginnt die Liebe von philosophischem Interesse zu sein. Liebe ist bei einigen Philosophen ein Erkenntnisinstrument.

Liebe ist nicht nur ein Gefühl, Liebe ist auch bei vielen Menschen eine ethische Grundhaltung, z. B. das Liebesgebot für die Christen. »Wo der liebende Mensch sich selbst vergisst, sich für andere aufopfert, da tritt die schönste Art der Züge der Menschheit hervor.« (Friedrich Kirchner)

Liebe wird von einigen Philosophen und besonders von vielen religiösen Menschen auch als ein die Welt ordnendes Prinzip angesehen. Der Ursprung der Welt und/oder sein innerster Kern wird einerseits mit der Vernunft, andererseits aber auch mit der höchsten Liebe gleichgesetzt. [Kritiker einer solchen Behauptung stellen die Frage, warum es dann soviel Dummheit und Grausamkeit in der Welt gibt.]


Verschiedene Philosophen zu Liebe

Empedokles sah in Liebe und Hass die bewegenden Weltkräfte.

Bei Platon ist die Liebe einerseits das oberste Prinzip des Seins, da die  Idee des Guten die oberste Idee sei, und andererseits ist die  Liebe die höchste Erkenntnisart, da wir durch sie, durch den eros (nicht durch die Vernunft) zur Erkenntnis der  Ideen kämen.

Für Aristoteles ist die Liebe der Bezug Gottes zur Welt, die er bewegt, indem die Welt Gott liebend anzielt. Aristoteles unterscheidet verschiedene Arten von Liebe: Philia, Eros und Agape.

Bei den Christen bekommt die Liebe eine ganz zentrale Bedeutung, da ihr Gott ein »Lieber« Gott ist. Gottes Liebe sei die Voraussetzung dafür, dass der Mensch sich und andere Menschen lieben könne. Gott liebe die Menschen und die Menschen sollten dafür Gott lieben. [Sollten das einige Menschen nicht tun – oder gar seine Existenz bezweifeln oder Witze über ihn machen –, so hat der »Liebe« Gott für diese Ignoranten aber die ewige Verdammnis in petto.] [3]

Für Augustinus können wir nur so viel erkennen, wie wir lieben. Dabei trennte er aber zwischen Liebe als Begierde und Leidenschaft einerseits und geistiger Liebe andererseits. Letztere war für ihn das Entscheidende. Damit einher ging die Abwertung, teilweise sogar die Verdammung der körperlichen Liebe durch die Christen. Nur noch die geistige Liebe zu Gott und die Nächstenliebe galt als schicklich. [Das Gebot der Nächstenliebe beschränkte sich allerdings häufig aufs Verbale. Und es schloss sowieso die aus, die von Gott nach der Auffassung von  Augustinus von vornherein für die ewige Verdammnis prädestiniert waren.]

Nur vom Wesen her bereits Geeintes wird für Meister Eckhart durch die Liebe zusammengeführt.

Blaise Pascal schließt sich  Augustinus an, wenn er sagt, die Liebe sei die Bedingung für die Erkenntnis der Welt. »Ein Tropfen Liebe ist mehr als ein Ozean an Wissen und Verstand

Für  Spinoza ist Liebe als menschlicher Affekt Freude, verbunden mit der Vorstellung einer äußeren Ursache. Philosophisch betrachtet gründe sich die Liebe in der Erkenntnis von Gottes Wesen. Wachsende Erkenntnis und Bejahung des Notwendigen sei zugleich wachsende Liebe zu Gott. Diesen höchsten vom Menschen zu erreichenden Zustand nennt Spinoza »amor Dei intellektualis«. Da Spinoza eine pantheistische Weltsicht hatte und für ihn das menschliche Bewusstsein ein Teil des göttlichen Bewusstseins ist, ist diese Liebe die Selbstliebe Gottes.

Für Schelling und Hegel hatte die Liebe in ihrer frühen Schaffenszeit als Vereinigung der Gegensätze eine große Bedeutung.

Für  Feuerbach führt erst die Liebe und die dabei gemachten sinnlichen Erfahrung zu Sinn und Objektivität. [Ich interpretiere das so, dass für Feuerbach nur die Liebe Skeptizismus und Solipsismus überwindet.]

Eine zentrale Bedeutung hat die Liebe bei  Max Scheler. Er entwickelt eine Rangordnung der Liebe. Die Liebe zu Gott sei die höchste.

 Fromm schließt sich  Feuerbach an, wenn er sagt, erst die Liebe lasse uns an eine unabhängig von uns existierende Außenwelt glauben. Die Liebe hatte für Fromm eine so große Bedeutung, das er ihr mit  Die Kunst des Liebens ein Buch widmete, dass auch über das philosophisch und psychologisch interessierte Publikum hinaus viele Leser hat.


Meine Vorstellungen zu Liebe

Dass es eine Art kosmischer Liebe gibt, dass der Ursprung oder der Kern des Seins mit der Liebe identisch sei, da habe ich starke Bedenken. Das All ist erbarmungslos. Ich glaube eher, dass in der Welt der Weltwille Schopenhauers und die Weltvernunft Hegels sich im ewigen Kampf miteinander befinden. Man kann ganz unmetaphysisch den Weltwillen mit der im Sein vorhandenen Energie gleichsetzen und die Weltvernunft mit der Gesamtheit aller im Sein vorhandenen Naturgesetze (der uns bekannten und der uns nicht bekannten) und der mathematisch/logischen/dialektischen Gesetze und Beziehungen. Die Liebe wird wohl etwas sein, das sich erst sehr spät entwickelt. Bei den höheren Säugetieren als Liebe zum Nachwuchs, zum Partner, zu den anderen Tieren in der Herde. Beim Menschen entwickeln sich dann qualitativ höhere Formen der Liebe, wie die Liebe zur Weisheit, die Philosophie. Und aus uns könnten sich höherstehende Lebewesen entwickeln, die ihrerseits wiederum noch höhere Qualitäten von Liebe entwickeln könnten. [4]

Ein (menschliches) Leben ohne Liebe ist ein sehr unvollkommenes Leben. Aber ein Leben ohne Wissen und Vernunft ist ebenso unvollkommen. Wissen und Vernunft können Liebe nicht ersetzen. Aber Liebe kann auch nicht Wissen und Vernunft ersetzen.


Zitate zu Liebe

Peter Altenberg: »Die Liebe ist nichts anderes als ein Seiltanz von Amateuren ohne Balancierstange und Netz.«

Charles Baudelaire: »Da die Kirche die Liebe nicht unterdrücken konnte, hat sie sie zumindest desinfizieren wollen, und darum die Ehe geschaffen.« »Liebe ist so ungefährlich wie ein Löffel Salzsäure auf nüchternen Magen.«

Clemens von Brentano: »Die Liebe allein versteht das Geheimnis, andere zu beschenken und dabei selbst reich zu werden.«

Ambrose Bierce: »Liebe, die [Subst.], ist eine vorübergehende Geisteskrankheit, die durch Heirat heilbar ist.«

Wilhelm Busch: »Hoch ist der Liebe süßer Traum, // Erhaben über Zeit und Raum

Thomas Carlyle: »Liebe ist stets der Anfang des Wissens, so wie Feuer der Anfang des Lichts ist.«

Einstein: »Wenn wir jung sind, gelten alle Gedanken der Liebe. Im Alter gilt alle Liebe den Gedanken.«

Euripides: »Was ist es, sprich, was bei den Menschen ›Liebe‹ heißt? O Kind, das Süßeste und Bitterste zugleich.«

Goethe: »Freiwillige Abhängigkeit ist der schönste Zustand, und wie wäre der möglich ohne Liebe!«

Karoline von Günderrode: »Die wahre echte Liebe ist meist eine unglückliche Erscheinung, man quält sich selbst und wird von der Welt misshandelt.«

Christian Friedrich Hebbel: »Nur durch die Liebe kann der Mensch von sich selbst befreit werden.«

Hermann Hesse: »Wer sich selbst nicht liebt, der kann auch andere nicht lieben.« (Aus Der Steppenwolf.) »Den Sinn erhält das Leben einzig durch die Liebe. Das heißt: Je mehr wir zu lieben und uns hinzugeben fähig sind, desto sinnvoller wird unser Leben.«

C. G. Jung: »Das Problem der Liebe gehört zu den großen Leiden der Menschheit, und niemand sollte sich der Tatsache schämen, dass er seinen Tribut daran zu zahlen hat.«

Konfuzius: »Die Liebe ist wie ein Gewürz. Es kann das Leben versüßen – aber es auch versalzen.«

Jean de La Bruyère: »Die Zeit festigt die Freundschaft und schwächt die Liebe.«

Lavater: »Wer nicht lieben kann, der versteht nicht, menschlich zu sein.«

Robert Lembke: »Liebe ist eine tolle Krankheit – da müssen immer gleich zwei ins Bett.«

Paul Richard Luck: »Was man am meisten liebt, daran leidet man auch am meisten.« »Die Liebe ist das Treibende und das Getriebene.«

William Somerset Maugham: »Die Liebe ist nur ein schmutziger Trick der Natur, um das Fortbestehen der Menschheit zu garantieren.«

Friedrich Max Müller-Oxford: »Es gibt viele kleine Regeln, die man lernen muss, damit unser Leben Harmonie und Melodie erhält, aber der Grundton muss Liebe sein.«

Johann Nepomuk Nestroy: »Wem der Gegenstand seiner Liebe nicht zugleich seine Zukunft, sein Gewissen und seine ewige Seligkeit ist, der hat nie geliebt.«

Nietzsche: »Liebe – in ihren Mitteln der Krieg, in ihrem Grunde der Todhass der Geschlechter.« [An so einem Zitat sieht man wieder einmal, dass der Mann in seinen späten Schaffensjahren nicht mehr alle Tassen im Schrank hatte.]

Ovid: »An der einen Seite zieht mich die Liebe, an der anderen die Logik.«

Edgar Allan Poe: »O menschliche Liebe! Du gibst uns auf Erden schon das, was wir uns vom Himmel erwarten.«

Alfred Polgar: »›Ohne Grund‹ ist der triftigste Grund für das Aufhören einer Liebe.«

Jean Racine: »Begierig glaubt die Liebe, was sie wünscht.«

Bertrand Russell: »Weder Liebe ohne Wissen noch Wissen ohne Liebe können ein gutes Leben bewirken.« [!!!]

Antoine de Saint-Exupéry: »Die Erfahrung lehrt uns, dass Liebe nicht darin besteht, dass man einander ansieht, sondern dass man gemeinsam in gleicher Richtung blickt.«

Schopenhauer: »Alle wahre und reine Liebe ist Mitleid, und jede Liebe, die nicht Mitleid ist, ist Selbstsucht.«

George Bernard Shaw: »Liebe ist die einzige Sklaverei, die als Vergnügen empfunden wird.« »Liebe auf den ersten Blick ist ungefähr so zuverlässig wie Diagnose auf den ersten Händedruck.«

Stendhal: »Die Liebe gleicht einem Fieber; sie überfällt uns und schwindet, ohne dass der Wille im Geringsten beteiligt ist.«

Rabindranath Tagore: »In der Liebe versinken und verlieren sich alle Widersprüche des Lebens. Nur in der Liebe sind Einheit und Zweiheit nicht in Widerstreit.« »Wahre Liebe muss von innen her erweckt werden und nicht durch etwas Äußeres. Dienen kommt vor Eigennutz – das ist das Merkmal der Liebe.«

Terenz: »Verliebt, verdreht.«

Charles Tschopp: »Liebe ist eine schwere Krankheit, von der man aber nicht geheilt sein will.«

Gerhard Uhlenbruck: »Die große Liebe besteht darin, dass man bereit ist, auf die größte Liebe zu verzichten: auf die Eigenliebe.« »Manche Männer sehen den Liebesakt so: viel Gewicht auf eine gute Figur legen.«

Peter Ustinov: »Die Bibel sagt, Du sollst Deinen Nächsten lieben. Ich bin überzeugt, dass sie meinen Nachbarn nicht kennt.«

Otto Weiss: »Was bei Verliebten so schön ist: dass sie sich einstweilen für immer lieben.«

Orson Welles: »Liebe ist ein Zeitwort, ein Verhältniswort, ein Zahlwort oder ein Umstandswort – je nachdem.«

 Zyniker: »Liebe ist eine hormonelle Verwirrung des Gehirns.«


»Plaisir d'amour ne dure qu'un moment,
Chagrin d'amour dure toute la vie.«
(Auf Deutsch sinngemäß:
»Die Freude der Liebe dauert nur einen Augenblick,
der Schmerz der Liebe dauert das ganze Leben.«)
Französisches Volkslied

»Limitless undying love
which shines around me like a million suns
It calls me on and on across the universe «
(Auf Deutsch sinngemäß:
»Grenzenlose unsterbliche Liebe
welche um mich herum scheint wie Millionen Sonnen
sie ruft mich an (und an) durch das Universum.«)
Beatles, Across The Universe


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Anmerkungen

Anm. 1: »Liebe ist nicht Sex. Sex ist nicht Liebe. Aber es ist wie im siebten Himmel, wenn eins zum andern kommt.« (Wird Madonna zugeschrieben. Ist aber nicht so wichtig, ob es von ihr ist oder von jemand anderem. Es ist jedenfalls etwas Wahres dran.) Zurück zum Text

Anm. 2: Philosophie für sich ist bereits Liebe, jedenfalls vom Wortursprung her: »philia« und »sophia«, Weisheitsliebe. Zurück zum Text

Anm. 3: Über die Liebe Gottes habe ich mich 1988 sehr sarkastisch ausgelassen in dem Sketch Was hat er sich denn dabei wieder gedacht? (Damals habe ich unter dem Namen »Sven Zprottenkopp« Kabarett gemacht und humoristische Kurzgeschichten geschrieben.) Die Geschichte sollte nicht von Christen gelesen werden, die leicht zu kränken sind. Zurück zum Text

Anm. 4: Sehen Sie dazu bitte meinen Aufsatz Über die Notwendigkeit der Entstehung höherer Arten. Zurück zum Text


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