Denken


Kurzbeschreibung des Begriffs

Umgangssprachlich ist »Denken« ein sehr umfangreicher und damit unbestimmter Begriff, der alle intellektuellen, geistigen Tätigkeiten umfasst und mit Verstand und Vernunft synonym verwendet wird. Sehen Sie auch den philolex-Beitrag Gedanke.

Denken ist im Bewusstsein vorgenommenes Trennen, Verbinden, Unterscheiden, Vergleichen und Beurteilen von Bewusstseinsinhalten und damit verbunden das ständige Hervorbringen neuer Bewusstseinsinhalte.

In diesem Sinne denkt jeder Mensch. Und schon höhere Tiere. Allerdings findet dieses Denken bei verschiedenen Individuen in erheblich unterschiedlichen Dimensionen, auf verschieden Niveaus statt. Es gibt beträchtliche  quantitative und  qualitative Unterschiede. Wenn Intellktuelle behaupten, die Masse der Menschen würde nicht denken, dann bedeutet dies, dass die Masse auf einem viel niedrigeren Niveau, in einem viel kleineren Umfang denkt.

Die Logik ist in der Philosophie das Teilgebiet, das sich mit den Grundlagen, Gesetzen und Strukturen des Denkens beschäftigt.

Das »diskursive Denken« geht schrittweise vor: Begriff, Urteil, Schlussfolgerung. (Sehen Sie dazu u. a.  Aristoteles.) Dem entgegengesetzt wird die Intuition, bei der es zu plötzlichen, sprunghaften Erkenntnissen kommt, die nicht auf das reduzierbar sind, was man bisher an Bewusstseinsinhalten hatte. [Diskursives Denken und Intuition sollten nicht als Gegensätze gesehen werden, sondern als zwei legitime Erkenntnisformen, die sich ergänzen (können).]

In der Regel wird Denken der sinnlichen Wahrnehmung und dem inneren Gefühl entgegengestellt.


Verschiedene Philosophen zum Denken

Bei verschiedenen
Philosophen und in verschiedenen philosophischen Richtungen wird Denken verschieden definiert und/oder die Möglichkeiten, die Potenz des Denkens unterschiedlich bewertet, z. B. bezüglich der Frage, ob Denken ein rein subjektiver Vorgang ist, der vom objektiv Existierenden durch eine nicht überwindbare Kluft getrennt ist, oder ob mit dem subjektiven Denken Objektives erfassbar ist, Subjekt und Objekt im Denken sogar indentisch sind.

Für Platon ist Denken der innere Dialog, die Rede der Seele mit sich selbst, über das, was sie erforschen will.

Aristoteles begründete mit seiner  »Analytik« das logische Denken. Über dieses logische Denken hinaus gab es bei Aristoteles aber auch schon das Denken über das Denken.

Bei Augustinus und Descartes führt das Denken zur absoluten Selbstgewissheit des Subjekts. Ausgedrückt in dem berühmten Satz: Cogito ergo sum.

Im Empirismus wird die Potenz des Denkens eingeschränkt durch das Primat der sinnlichen Wahrnehmung, während im Rationalismus das Denken der Sinnlichkeit übergeordnet ist.

Kant versuchte sowohl der Sinnlichkeit wie dem Verstand gerecht zu werden. Sehr häufig zitiert wird seine Aussage aus der  Kritik der reinen Vernunft: »Anschauungen ohne Begriffe sind blind, Begriffe ohne Anschauungen sind leer.«

Für Hegel gibt es das »absolute Denken« (man kann auch sagen das »dialektische Denken«) in dem die Gegensätze und Einseitigkeiten des Verstandes  aufgehoben werden.

Im 20. Jahrhundert wurde vielfach das Denken gegenüber dem Sein abgewertet und die Passivität des Menschen propagiert. Nach  Heidegger soll Denken nicht absolutes Erkennen einer absolut erkennbaren Wirklichkeit sein, sondern passives entgegennehmendes An-Denken dessen, was das Sein uns zukommen lässt. Nach Horkheimer und Adorno sollen wir mit unserem Denken nicht auf das Sein zurückwirken,  unser Denken solle nicht Instrumentell werden. [Nach diesen Philosophen haben wir das Sein so hinzunehmen, wie es eben ist. Da vertrete ich eine absolut konträre Auffassung.]

In der modernen Sprachphilosophie, z. B. bei Wittgenstein, wird Denken mit Sprache gleichgesetzt. Wir könnten nur soviel denken, erkennen, als unsere Sprache zuließe. Denken ohne Sprache sei unmöglich.

Die neuere Naturwissenschaft, besonders die Physik, zeigt die Beschränktheit menschlichen Denkvermögens. Hoimar von Ditfurth schreibt dazu: »... die Klügsten unter uns (haben) die fast unglaubliche Leistung vollbracht, mit der Hilfe abstrakter mathematischer Formeln, die sie wie immaterielle Raumsonden in uns verschlossene Bereiche der Welt entsandten, Strukturen der Wirklichkeit nachzuweisen, die uns nicht nur nicht wahrnehmbar, sondern auch unvorstellbar sind: die schon erwähnte nichteuklidische Raumstruktur, die immaterielle Natur der Materie unterhalb der Ebene des Atoms, die prinzipielle Identität von Energie und Materie, um nur an einige der wichtigsten Fälle zu erinnern.« (Ditfurth Innenansichten eines Artgenossen, Kapitel Die Welt ist nach oben offen.) Zusätzlich sei noch erwähnt die uns nicht vorstellbare Relativität der Zeit. Und über diese uns nicht vorstellbaren Bereiche wird es wahrscheinlich weitere Bereiche des Seins geben, die für uns unausdenkbar sind. Sie zu entdecken wird Wesen vorbehalten sein, mit einem qualitativ höherem Erkenntnisvermögen als dem menschlichen. Sehen Sie hierzu auch meinen Aufsatz Über die Notwendigkeit der Entstehung höherer Arten.


Zitate zum Denken

Aristoteles: »Das Denken für sich allein bewegt nichts, sondern nur das auf einen Zweck gerichtete und praktische Denken.« [Auch das bewegt noch nichts, wenn kein Handeln folgt. Außerdem: Hätten die alten Griechen mehr praktisches Denken hervorgebracht, hätte die Antike bereits das wissenschaftlich-technische Zeitalter hervorgebracht.]

Bettina von Arnim: »Selbst denken ist der höchste Mut. Wer wagt, selbst zu denken, der wird auch selbst handeln

Buddha: »Wir sind das, was wir denken. Alles was wir sind, entsteht mit unseren Gedanken. Mit unseren Gedanken erschaffen wir die Welt.« »Das Denken schweift gern ab, man hält es schwer zurück; es zähmen, das ist gut; gezähmt bringt Denken Glück.«

Wilhelm Busch: »Oft ist das Denken schwer, indes // das Schreiben geht auch ohne es.«

Samuel Butler: »Wir denken wie wir denken hauptsächlich, weil andere so denken.«

Winston Churchill: »Wenn zwei Menschen immer dasselbe denken, ist einer von ihnen überflüssig.«

Sean Connery: »Die meisten Menschen denken hauptsächlich über das nach, was die anderen Menschen über sie denken.«

Descartes: »Ich denke, also bin ich.«

Deschner: »Denken überzeugt Denkende, darum überzeugt Denken selten.«

Friedrich Engels: »Das theoretische Denken ist aber nur der Anlage nach eine angeborne Eigenschaft. Diese Anlage muss entwickelt, ausgebildet werden, und für diese Ausbildung gibt es bis jetzt kein andres Mittel als das Studium der bisherigen Philosophie.« »Die Wissenschaft vom Denken ist also, wie jede andre, eine historische Wissenschaft, die Wissenschaft von der geschichtlichen Entwicklung des menschlichen Denkens.«

Ludwig Feuerbach: »Das Denken ist das Vermögen der Objektivität im Menschen. – Wer darum nicht von sich selbst abstrahieren kann, wie z. B. ein bloßer Gefühlsmensch, ist unfähig des richtigen Denkens, unfähig der Wissenschaft, oder kommt er in sie, so stiftet er nur Verderben.«

Fichte: »Unser Denksystem ist oft nur die Geschichte unseres Herzens.«

Henry Ford: »Weil Denken die schwerste Arbeit ist, die es gibt, beschäftigen sich auch nur wenige damit.«

Friedrich der Große: »Kenntnisse kann jedermann haben, aber die Kunst zu denken ist das seltenste Geschenk der Natur.«

Curt Goetz: »Das Denken ist zwar allen Menschen erlaubt, aber vielen bleibt es erspart.«

Cornelius Gustav Gurlitt: »Man soll Denken lehren, nicht Gedachtes.«

Johann Friedrich Herbart: »Täusche sich niemand durch das üblich gewordene Gerede vom freien Denken, was zur Willkür im Denken führt, die von wissenschaftlicher Notwendigkeit das gerade Gegenteil ist. Für den Flug des Denkens wachsen die Flügel sehr langsam.« [Die zu seiner Zeit erhobene Forderung des freien Denkens richtete sich nicht gegen die Wissenschaft, sondern dagegen, dass nur innerhalb eines dogmatischen religiösen Korsetts und nur bei Anerkennung des faudalistischen Absolutismus gedacht werden durfte.]

Friedrich Heinrich Jacobi: »Es lehren Erfahrung und Geschichte, dass des Menschen Tun viel weniger von seinem Denken, als sein Denken von seinem Tun abhängt, und dass seine Gedanken sich nach seinen Handlungen richtet und sie gewissermaßen nur abbilden.« [Bei Marx heißt das: »Das Sein schafft das Bewusstsein.« Besser: »Die Inhalte des menschlichen Seins schaffen die Inhalte des menschlichen Bewusstseins.« Für jede Art von Denken trifft das aber nicht zu, sonst gebe es keine Kreativität, keinen Fortschritt.]

Jean Paul: »Denken lernt man nicht an Regeln zum Denken, sondern am Stoff zum Denken.« [Ohne Inhalt wäre die Form leer. Aber ohne Beachtung von (logischen und dialektischen) Regeln, zerfließen die Gedanken ergebnislos oder sind diffus.]

Kant: »Die Sache der Sinne ist, anzuschauen; die Sache des Verstandes, zu denken. Denken aber ist: Vorstellungen in einem Bewusstsein vereinigen.« »Aber denken kann ich, was ich will, wenn ich mir nur nicht selbst widerspreche....« [Man kann sich auch Sachen denken, die sich widersprechen. Siehe Dialektik.]

Heinrich von Kleist: »Ein frei denkender Mensch bleibt nicht da stehen, wo der Zufall ihn hinstößt.« [ So ist es!]

Konfuzius: »Lernen, ohne zu denken, ist eitel; denken, ohne zu lernen, gefährlich.«

Otto von Leixner: »Unser tiefstes Denken ist nur halb selbsttätig. Ohne dass wir es wissen, denken die Kräfte des Alls in uns mit.« [Nach Hegel ist es der  Weltgeist, der in uns denkt.]

Lichtenberg: »Je mehr ein Mensch denkt, desto besser vermag er zu denken. Alle Erziehung taugt nichts, wenn sie nicht systematisch zum Denken erzieht.«

Locke: »Was unser Denken begreifen kann, ist kaum ein Punkt, fast gar nichts im Verhältnis zu dem, was es nicht begreifen kann.«

Paul Richard Luck: »Je tiefer man denkt, um so unbegreiflicher wird die Tiefe selber.«

Marc Aurel: »In die Denkweise eines jeden eindringen; aber auch jeden andern in dein eigenes Denken eindringen lassen.«

Nietzsche: »Wenn Denken dein Schicksal ist, so verehre dies Schicksal mit göttlichen Ehren und opfere ihm das Beste, das Liebste.« »Denken ist ein Herausheben.« »Denkendere Zeiten, zerdachtere Zeiten, als unser Heut und Gestern ist.« »Tiefdenkende Menschen kommen sich im Verkehr mit anderen als Komödianten vor, weil sie sich da, um verstanden zu werden, immer erst eine Oberfläche abheucheln müssen.« »Wer viel denkt, eignet sich nicht zum Parteimann: er denkt sich zu bald durch die Partei hindurch.« [Ja. Manchmal hat er Recht. Da ich in verschiedenen Parteien war, weiß ich das aus eigner Erfahrung.]

Wilhelm Ostwald: »Das Denken ist auch eine Wirklichkeit, sogar eine der wichtigsten im Menschenleben.«

Parmenides: »Denn das Denken und Sein ist ein und dasselbe.«

Pascal: »Das Denken macht die Größe des Menschen aus.«

Francis Picabia: »Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung ändern kann.«

Platon: »Das Denken ist das Selbstgespräch der Seele.«

Rousseau: »Der Mensch beginnt nicht leicht zu denken, sobald er aber erst einmal den Anfang damit gemacht hat, hört er nicht mehr auf. Wer gedacht hat, wird immer denken, und der Verstand vermag, wenn er einmal im Nachdenken geübt ist, nie wieder in Untätigkeit verharren.«

Bertrand Russell: »Viele Menschen würden eher sterben als denken. Und in der Tat: Sie tun es.«

George Santayana: »Um zu wissen, was die Leute wirklich denken, achte lieber darauf, was Sie tun und nicht darauf, was sie sagen.«

Arthur Schopenhauer: »Wir denken selten an das, was wir haben, aber immer an das, was uns fehlt.« »Daher ist die Aufgabe nicht .., zu sehn was noch keiner gesehn hat, als, bei dem, was jeder sieht, zu denken, was noch keiner gedacht hat.«

Albert Schweitzer: »Alles Denken, das in die Tiefe geht, endet in ethischer Mystik.«

Mark Twain: »Wir lieben die Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken – vorausgesetzt, sie denken dasselbe wie wir.«

Gerhard Uhlenbruck: »Man kann nicht denken ohne Gehirn, aber man kann Gehirn haben ohne zu denken.«

Oscar Wilde: »Auf seine eigene Art zu denken ist nicht selbstsüchtig. Wer nicht auf seine eigene Art denkt, denkt überhaupt nicht.«


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